Neue Chancen und rechtliche Regeln für Arbeiten im Rentenalter

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Der demografische Wandel und der zunehmende Fachkräftemangel rücken die Beschäftigung von Rentnern verstärkt in den Fokus von Politik und Wirtschaft. Mit der geplanten Aktivrente ab 2026 schafft die Bundesregierung neue finanzielle Anreize für die Erwerbstätigkeit im Rentenalter. Für Arbeitgeber und Arbeitnehmer eröffnen sich damit neue Perspektiven, die jedoch auch rechtliche Besonderheiten mit sich bringen.
In diesem Artikel werden aktuelle politische Vorhaben unter Darstellung der aktuellen und künftigen rechtlichen Rahmenbedingungen geschildert.
Das Wichtigste im Überblick
- Die Aktivrente: Steuerliche Entlastung ab 2026
- Aktuelle Hinzuverdienstmöglichkeiten für Rentner
- Sozialversicherungsrechtliche Besonderheiten
- Arbeitsrechtliche Rahmenbedingungen für Rentner
- Beendigung und Befristung von Arbeitsverhältnissen von Rentnern
- Bedeutung für den Arbeitsmarkt
- Besonders vom Fachkräftemangel betroffene Branchen
- Kritische Stimmen zur Aktivrente
- Handlungsempfehlungen für Arbeitgeber
- Fazit und Ausblick
- Häufige Fragen (FAQ)
Die Aktivrente: Steuerliche Entlastung ab 2026
Das Bundeskabinett hat am 15. Oktober 2025 den Gesetzentwurf zur Aktivrente beschlossen. Ab dem 1. Januar 2026 können Rentnerinnen und Rentner, die das gesetzliche Rentenalter erreicht haben und einer sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung nachgehen, bis zu 2.000 Euro monatlich steuerfrei hinzuverdienen. Dies entspricht einem jährlichen Steuerfreibetrag von 24.000 Euro.
Die Steuerbefreiung gilt unabhängig davon, ob die berechtigte Person tatsächlich Rente bezieht oder den Rentenbezug aufschiebt. Entscheidend ist ausschließlich das Überschreiten der Regelaltersgrenze – derzeit die Vollendung des 67. Lebensjahres.
Ein bedeutender Vorteil: Der steuerfreie Hinzuverdienst unterliegt nicht dem Progressionsvorbehalt, sodass keine nachträgliche Steuererhöhung über die Einkommensteuererklärung erfolgt.
Die Bundesregierung erhofft sich von dieser Maßnahme einen wirksamen Beitrag zur Bekämpfung des Fachkräftemangels. Nach Schätzungen könnten bis zu 168.000 Beschäftigte von diesem Modell profitieren. Die Aktivrente soll Rentnerinnen und Rentner mit bis zu 890 Millionen Euro jährlich entlasten.
Aktuelle Hinzuverdienstmöglichkeiten für Rentner
Bereits seit dem 1. Januar 2023 gelten deutlich liberalere Hinzuverdienstregeln für Altersrentner. Die bis Ende 2022 gültige Hinzuverdienstgrenze von 46.060 Euro jährlich für vorgezogene Altersrenten wurde vollständig aufgehoben. Rentnerinnen und Rentner können seither unbegrenzt zu ihrer Altersrente hinzuverdienen, ohne dass ihre Rente gekürzt wird – unabhängig davon, ob sie das reguläre Renteneintrittsalter bereits erreicht haben.
Diese Regelung gilt für alle Altersrenten, sowohl für Regelaltersrenten als auch für vorgezogene Altersrenten. Für Erwerbsminderungsrenten gelten hingegen weiterhin dynamische Hinzuverdienstgrenzen: Bei teilweiser Erwerbsminderung liegt die Grenze 2025 bei 39.322,50 Euro, bei voller Erwerbsminderung bei 19.661,25 Euro jährlich.
Sozialversicherungsrechtliche Besonderheiten
Die Beschäftigung von Rentnern unterliegt besonderen sozialversicherungsrechtlichen Regelungen, die sowohl für Arbeitgeber als auch für Arbeitnehmer relevant sind.
- Kranken- und Pflegeversicherung: Beschäftigte Altersrentner zahlen in der Krankenversicherung den ermäßigten Beitragssatz, da kein Anspruch auf Krankengeld besteht. Der Beitrag wird zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer hälftig geteilt. In der Pflegeversicherung variiert der Beitragssatz je nach Kinderzahl, der Arbeitgeberanteil liegt bei 1,70 Prozent.
- Rentenversicherung: Nach Erreichen der Regelaltersgrenze sind Altersvollrentner in der Rentenversicherung versicherungsfrei. Der Arbeitgeber zahlt jedoch weiterhin seinen Beitragsanteil zur Rentenversicherung. Beschäftigte können auf die Versicherungsfreiheit verzichten und freiwillig weiterhin Beiträge einzahlen, um ihre Rentenansprüche zu erhöhen.
- Arbeitslosenversicherung: Ab Erreichen der Regelaltersgrenze sind Rentner generell versicherungsfrei in der Arbeitslosenversicherung. Auch hier zahlt der Arbeitgeber seinen Beitragsanteil allein.
Bei Minijobs mit einer Verdienstgrenze von bis zu 556 Euro monatlich (Stand 2025) zahlt der Arbeitgeber einen Pauschalbeitrag von 15 Prozent zur Rentenversicherung. Rentner, die eine Altersvollrente beziehen und die Regelaltersgrenze erreicht haben, sind in Minijobs rentenversicherungsfrei.
Arbeitsrechtliche Rahmenbedingungen für Rentner
Die Beschäftigung von Rentnern erfolgt auf Basis regulärer Arbeitsverträge, für die sämtliche arbeitsrechtlichen Regelungen gelten. Dies umfasst das Bundesurlaubsgesetz, das Entgeltfortzahlungsgesetz und auch das Kündigungsschutzgesetz.
- Kündigungsschutz: Das Kündigungsschutzgesetz gilt nach einer Wartezeit von sechs Monaten auch für beschäftigte Rentner in vollem Umfang. Lediglich bei der Sozialauswahl im Rahmen betriebsbedingter Kündigungen werden Arbeitnehmer, die bereits Regelaltersrente beziehen können, als weniger schutzbedürftig angesehen.
- Urlaubsanspruch: Scheidet ein Arbeitnehmer in der ersten Jahreshälfte (bis 30. Juni) durch Renteneintritt aus, besteht ein anteiliger Urlaubsanspruch von einem Zwölftel des Jahresurlaubs für jeden vollen Monat. Bei Renteneintritt in der zweiten Jahreshälfte (ab 1. Juli) besteht grundsätzlich Anspruch auf den vollen Jahresurlaub, sofern das Arbeitsverhältnis mindestens sechs Monate bestand.

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Beendigung und Befristung von Arbeitsverhältnissen von Rentnern
Das Erreichen des Rentenalters führt nicht automatisch zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses. Eine automatische Beendigung tritt nur ein, wenn dies ausdrücklich im Arbeitsvertrag, Tarifvertrag oder in einer Betriebsvereinbarung geregelt ist. Solche Altersgrenzenregelungen werden als Befristungsabsprachen qualifiziert und müssen sachlich gerechtfertigt sein.
Ein bedeutender Fortschritt für die Weiterbeschäftigung von Rentnern ist die geplante Aufhebung des Anschlussverbots, die das Bundeskabinett am 6. August 2025 beschlossen hat. Bisher war eine sachgrundlose befristete Weiterbeschäftigung beim bisherigen Arbeitgeber nach § 14 Abs. 2 Satz 2 TzBfG nicht möglich. Künftig soll für Arbeitnehmer, die die Regelaltersgrenze erreicht haben, auch eine befristete Rückkehr zum früheren Arbeitgeber ohne sachlichen Grund möglich sein.
Diese Neuregelung soll die Weiterbeschäftigung erfahrener Fachkräfte erleichtern und trägt dem Umstand Rechnung, dass das Schutzbedürfnis von Arbeitnehmern nach Erreichen der Regelaltersgrenze geringer ist.
Bedeutung für den Arbeitsmarkt
Die Erwerbstätigkeit älterer Menschen hat in den vergangenen Jahren erheblich zugenommen. Die Erwerbsbeteiligung der 60- bis 64-Jährigen stieg von 53 Prozent im Jahr 2014 auf 67 Prozent im Jahr 2024. Bei den 65- bis 69-Jährigen erhöhte sich der Anteil im gleichen Zeitraum von 14 Prozent auf 21 Prozent.
Ende 2022 waren mehr als 1,3 Millionen Menschen in Deutschland erwerbstätig, obwohl sie bereits Rente bezogen. Davon arbeiteten etwa 1,1 Millionen nach der Regelaltersgrenze, mehrheitlich in Minijobs (rund 888.000). Laut einer Studie des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung sind 38 Prozent der Rentner neben der Altersrente erwerbstätig.
Die Gründe für eine Erwerbstätigkeit im Rentenalter sind vielfältig: 33 Prozent der erwerbstätigen Rentner geben finanzielle Notwendigkeit an, 29 Prozent die Freude an der Arbeit. Weitere Motive sind soziale Integration, attraktive finanzielle Anreize oder der Wunsch, weiterhin gebraucht zu werden.
Die neuen Regelungen zur Beschäftigung von Rentnern bringen Chancen – aber auch rechtliche Herausforderungen.
Ob als Arbeitgeber oder Rentner – wir sorgen für eine rechtssichere Gestaltung Ihrer Arbeitsverträge, prüfen steuerliche und sozialversicherungsrechtliche Folgen und helfen, Risiken zu vermeiden.
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Besonders vom Fachkräftemangel betroffene Branchen
Der Fachkräftemangel ist in Deutschland besonders ausgeprägt in Branchen wie dem Gesundheitswesen, dem Handwerk, der Pflege, der Gastronomie und technischen Berufen. Im Gesundheitswesen liegt der Versorgungsengpass bereits heute bei etwa sieben Prozent und könnte bis 2035 auf 35 Prozent mit knapp 1,8 Millionen offenen Stellen ansteigen.
In den nächsten zehn Jahren werden voraussichtlich 7,3 Millionen Menschen in Deutschland mit Renteneintritt aus dem Arbeitsleben ausscheiden, davon mehr als zwei Millionen in Berufen mit bestehendem Fachkräftemangel. Die Beschäftigung erfahrener Rentner kann hier einen wertvollen Beitrag leisten, um Personalengpässe zu überbrücken.
Kritische Stimmen zur Aktivrente
Trotz der positiven Anreize gibt es auch kritische Stimmen zur Aktivrente. Gegner betonen, dass insbesondere in Bereichen mit Fachkräftemangel die körperlichen oder geistigen Belastungen oft so hoch sind, dass nur wenige Menschen bereit oder in der Lage sind, über das Renteneintrittsalter hinaus zu arbeiten. Zudem bleibt unklar, wie viele Arbeitgeber tatsächlich bereit sind, gezielt ältere Arbeitnehmer einzustellen und dafür eventuell höhere Krankheitsausfälle in Kauf zu nehmen.
Aus Sicht vieler Arbeitnehmerverbände wird zudem bemängelt, dass die Renten in Deutschland durchschnittlich so niedrig sind, dass viele Rentner auf zusätzliche Einkünfte angewiesen sind. Die durchschnittliche Rente bei mindestens 35 Versicherungsjahren lag 2022 bei knapp 1.400 Euro.
Handlungsempfehlungen für Arbeitgeber
Arbeitgeber, die Rentner beschäftigen möchten, sollten mehrere Aspekte beachten:
- Frühzeitige Planung: Sprechen Sie geeignete Mitarbeiter rechtzeitig vor Rentenbeginn an und klären Sie Art und Umfang der gewünschten Weiterbeschäftigung.
- Vertragliche Regelungen: Prüfen Sie bestehende Arbeitsverträge auf Altersgrenzenregelungen. Vereinbaren Sie bei Bedarf eine Hinausschiebensvereinbarung nach § 41 Satz 3 SGB VI oder nutzen Sie künftig die Möglichkeit sachgrundloser Befristungen nach Aufhebung des Anschlussverbots.
- Sozialversicherung: Melden Sie beschäftigte Rentner bei der Krankenkasse, damit diese korrekt eingeordnet werden können. Beachten Sie die Besonderheiten bei den Sozialversicherungsbeiträgen.
- Flexible Arbeitsmodelle: Bieten Sie flexible Teilzeitmodelle an, die den Bedürfnissen älterer Arbeitnehmer entgegenkommen. Dies kann die Attraktivität einer Weiterbeschäftigung erheblich steigern.
Fazit und Ausblick
Die Beschäftigungsmöglichkeiten für Rentner in Deutschland werden durch die geplante Aktivrente und die bereits 2023 erfolgte Aufhebung der Hinzuverdienstgrenzen erheblich verbessert. Mit steuerlichen Anreizen, dem Wegfall des Anschlussverbots und flexiblen Beschäftigungsmodellen schafft der Gesetzgeber günstige Rahmenbedingungen für die Erwerbstätigkeit im Rentenalter.
Angesichts des demografischen Wandels und des zunehmenden Fachkräftemangels wird die Bedeutung älterer Arbeitnehmer weiter zunehmen. Ihre langjährige Berufserfahrung, ihr Fachwissen und ihre Zuverlässigkeit sind wertvolle Ressourcen für Unternehmen. Gleichzeitig profitieren Rentner von zusätzlichen Einnahmen, sozialen Kontakten und dem Gefühl, weiterhin am Arbeitsleben teilzuhaben.
Die arbeitsrechtlichen und sozialversicherungsrechtlichen Besonderheiten erfordern jedoch eine sorgfältige Beratung. Arbeitgeber und Arbeitnehmer sollten sich frühzeitig über die rechtlichen Rahmenbedingungen informieren und entsprechende vertragliche Vereinbarungen treffen, um von den neuen Möglichkeiten optimal zu profitieren.
Häufig gestellte Fragen (FAQ)
Die Aktivrente richtet sich ausschließlich an Arbeitnehmer, die die gesetzliche Regelaltersgrenze erreicht haben und einer sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung nachgehen. Selbstständige, Beamte und Minijobber sind von der Steuerbefreiung ausgeschlossen.
Ab dem 1. Januar 2026 können Rentner bis zu 2.000 Euro pro Monat (24.000 Euro pro Jahr) steuerfrei durch eine sozialversicherungspflichtige Beschäftigung hinzuverdienen. Darüber hinausgehende Einkommen werden regulär besteuert.
Ja, auch mit der Aktivrente sind Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung weiterhin zu zahlen. Die Steuerbefreiung bezieht sich nur auf die Einkommensteuer; sozialversicherungsrechtliche Pflichten bleiben bestehen.
Ja. Mit der geplanten Aufhebung des Anschlussverbots ab 2026 wird es möglich, dass Rentner nach Erreichen der Regelaltersgrenze befristet ohne sachlichen Grund beim bisherigen Arbeitgeber weiterarbeiten können. Diese Änderung im Teilzeit- und Befristungsgesetz (§ 14 Abs. 2 TzBfG) erleichtert die Weiterbeschäftigung erfahrener Fachkräfte erheblich.
Arbeitgeber profitieren von der Erfahrung, Zuverlässigkeit und Flexibilität älterer Arbeitnehmer. Durch steuerliche Entlastungen und den Wegfall mancher Sozialabgaben ist die Beschäftigung von Rentnern oft auch wirtschaftlich attraktiv. Zudem helfen sie, Fachkräftemangel in Schlüsselbranchen wie Pflege, Handwerk und Technik abzufedern.
Rentner, die die Regelaltersgrenze erreicht haben, sind in Minijobs rentenversicherungsfrei. Arbeitgeber zahlen nur den Pauschalbeitrag zur Rentenversicherung (15 %) und zur Krankenversicherung (13 %). Der monatliche Verdienst darf 556 Euro (Stand 2025) nicht überschreiten. Eine freiwillige Aufstockung der Rentenbeiträge ist möglich, aber nicht verpflichtend.
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